Tendovaginosis (TVS) de Quervain

Handchirurgie Ravensburg

Krankheitsbilder Hand

Tendovaginosis (TVS) de Quervain

Wie der schnellende Finger ist auch die Tendovaginosis de Quervain auf eine Enge im Bereich der Sehnengleitkanäle zurück zu führen und zeigt sich durch Schmerzen am Handgelenk und Unterarm daumenseitig.

Definition

Die Tendovaginosis stenosans de Quervain ist eine Entzündung der Sehnenscheiden auf der Daumenseite des Handgelenks. Die Strecksehnen der Finger verlaufen auf der Seite des Handrückens in sechs getrennten Sehnenfächern. Bei der Tendovaginosis stenosans de Quervain ist ausschließlich das erste Strecksehnenfach betroffen, in dem die Sehnen des kurzen Daumenstreckmuskels (M. extensor pollicis brevis) sowie des langen Daumenabspreizmuskels (M. abductor pollicis longus) verlaufen.

Entstehung (Pathophysiologie)

Die Entzündung der Sehnenfächer entsteht häufig durch übermäßige Beanspruchung der Sehnen bei ungewohnten Arbeitsbelastungen, z.B. bei wiederholten Seitwärtsbewegungen der Hand.

Normalerweise gleiten die Sehnen glatt in ihrem Sehnenfach, da das Gewebe in diesen Fächern einen feinen Flüssigkeitsfilm produziert. Bei zu großer Beanspruchung der Sehnen kann die Menge des Filmes nicht mehr ausreichend sein und die Sehnen reiben in ihren Fächern. Durch diesen Reiz schwellen die Sehnenfächer an und engen die Sehnen ein, die daraufhin ihrerseits ebenfalls anschwellen und in ihrer Sehnenscheide stecken bleiben können. Bei manchen Menschen ist das erste Strecksehnenfach zudem in sich noch unterteilt, sodass der Raum für die Sehnen bereits von sich aus kleiner ist. Diese Menschen haben deswegen ein höheres Risiko, diese Erkrankung zu entwickeln. Als Folge der Entzündung können die Sehnen mit ihren Sehnenscheiden verkleben, was das Gleiten erschwert und die Beschwerden weiter verstärkt.

Außer durch eine Überbeanspruchung kann die Schwellung auch durch anders verursachte Entzündungen entstehen, in vielen Fällen kann jedoch keine genaue Ursache festgestellt werden.

Frauen sind hiervon etwa achtmal häufiger betroffen als Männer.

Symptome und Diagnostik

Die Daumenseite des Handgelenks schmerzt bei Bewegungen der Hand zur Kleinfingerseite hin, z.B. beim Öffnen von Dosen oder Auswringen von Lappen. Wie bereits erwähnt können die Sehnen dabei gelegentlich zusätzlich in ihrem Sehnenfach stecken bleiben. Häufig entwickelt sich auch eine schlauchförmige Schwellung auf der Speichenseite des Handgelenks direkt über dem betroffenen Sehnenfach. Die Beschwerden können sowohl plötzlich über Nacht auftreten oder sich allmählich entwickeln.

Im Vordergrund sollte zunächst die gründliche Erhebung der Krankengeschichte stehen, die bereits viele Hinweise auf die richtige Diagnose geben kann. Bei der klinischen Untersuchung ist der Bereich über den Strecksehnenfächern druckempfindlich. Besonders typisch für die Erkrankung sind Schmerzen beim sogenannten Finkelsteintest. Hierbei wird der Daumen des Patienten in die Handfläche hinein gebeugt und eine ruckhafte Bewegung des Handgelenks in Richtung Elle durchgeführt. Während diese Bewegung bei Gesunden kaum Beschwerden hervorruft, ist sie für die betroffenen Patienten in der Regel extrem schmerzhaft. Obwohl die Sehnen und die sie umgebenden Strukturen im Röntgenbild nicht sichtbar sind, kann eine Röntgenbild helfen, die Tendovaginosis stenosans de Quervain von anderen Erkrankungen wie z. B. Arthrosen des Daumens und des Handgelenks abzugrenzen. Weitere Erkrankungen mit ähnlichem Beschwerdebild sind z. B. Einklemmungen von Nerven im Bereich des Unterarms.

Differenzialdiagnose

Erkrankungen, die ähnliche Beschwerden hervorrufen können, sind eine Daumensattelgelenksarthrose, eine Arthrose des Handgelenks, Überbeine (Ganglien) in diesem Bereich, seltene Tumoren oder Reizzustände der sensiblen Nerven, die an dieser Stelle verlaufen.

Behandlung

Eine Therapie der Erkrankung sollte zunächst mit Hilfe nichtoperativer Maßnahmen erfolgen. Eine Ruhigstellung des Daumens für einige Tage kann versucht werden. Dies kann durch Anlage einer Schiene oder eines Gipses erfolgen. Diese Maßnahme kann gegebenenfalls mit der Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten kombiniert werden. Das Einspritzen von Kortison direkt in das Strecksehnenfach wird aufgrund möglicher Komplikationen unsererseits nicht empfohlen. Eine weitere Option ist das Einspritzen von Kortison direkt in das Strecksehnenfach. Erst wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind und nach etwa 4 Wochen keine Besserung der Beschwerden eintritt, sollte eine chirurgische Therapie in Betracht gezogen werden.

Die Operation erfolgt in der Regel ambulant unter Verwendung einer örtlichen Betäubung oder Teilnarkose (Plexusanästhesie). Um die Sichtbedingungen während der Operation zu verbessern, wird zudem in Blutleere operiert, d.h. dass der zu operierende Arm mit einer Gummibinde ausgewickelt wird und dann eine Druckmanschette am Oberarm geschlossen wird, um ein Nachfließen des Blutes in den dann blutleeren Arm zu verhindern. Zunächst wird die Haut über dem Strecksehnenfach mit einem kurzen Längsschnitt eröffnet. Nach Darstellung des Sehnenfachs wird dieses in seiner Länge gespalten. Besonders muss dabei auf einen oberflächlichen Ast des Speichennervs geachtet werden, der im Bereich des Operationsgebietes verläuft. Bei vielen Patienten läuft die Sehne des kurzen Daumenstreckers in einem eigenen kleinen Kanal innerhalb des Strecksehnenfaches. Dieser muss dann gesondert geöffnet werden. Nachdem das problemlose Gleiten der Sehnen überprüft wurde, erfolgt der Verschluss der Operationswunde.

Nach der Operation werden Handgelenk und Daumen mit einem gepolsterten Verband gestützt. Die Finger müssen jedoch sofort nach der Operation normal bewegt werden, um ein Verkleben der Sehnen in ihren Sehnenscheiden zu verhindern. Die Operationswunde sollte in regelmäßigen Abständen durch den Hausarzt kontrolliert werden. Die Hautfäden können am 14. Tag nach der Operation entfernt werden.

Mögliche Komplikationen

Allgemeine Komplikationsmöglichkeiten sind Verletzungen anderer Strukturen wie z.B. Blutgefäße, Nerven oder Sehnen, Blutergüsse, Wundinfektion, Entwicklung eines chronisch regionalen Schmerzsyndroms (sehr selten).

Spezielle Komplikationsmöglichkeiten sind Vernarbungen im Bereich der freigelegten Sehnen, Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung) und Irritation des oberflächlichen Speichennervs.

Prognose

Die Prognose ist gut, d.h. nach der Operation sollten die Beschwerden vollständig verschwunden sein und auch nicht wieder auftreten.