Infektionen an der Hand
Krankheitsbilder Hand
Infektionen an der Hand
meist nach Verletzungen, aber auch nach Operationen oder ohne erkennbare Ursache kann es zu lokalen oder die gesamte Hand betreffenden Infektionen kommen.
Definition
Infektionen sind Entzündungen, die an der Hand meist bakteriell bedingt sind. An der Beugeseite der Finger sowie im Bereich der Hohlhand, also der Innenfläche der Hand, ist die Haut besonders fest mit dem darunter liegenden Bindegewebe verbunden. Dies führt bei Infektionen zu einem besonderen Verlauf.
Ursachen
Die hauptsächlich verursachenden Keime sind Staphylokokken, Streptokokken und Kolibakterien. Ausgangspunkt sind oft banale, teilweise unbemerkte Verletzungen, wie kleine oder oberflächliche Schnitt-, Stich- oder Schürfwunden, die in ihrer Tragweite leicht unterschätzt werden.
Erscheinungsbild
Die Keime dringen in die Lymphspalten und bahnen ein und führen aufgrund der oben beschriebenen besonderen anatomischen Situation an der Hand zu verschiedenen Erscheinungsbildern der Infektion.
Panaritium
Darunter versteht man eine eitrige Entzündung der Finger mit Einschmelzung des betroffenen Gewebes.
Je nach Lokalisation der Entzündung unterscheidet man verschiedene Formen, welche auch unterschiedliche Symptome verursachen. Bei einem Panaritium cutaneum (P. der Haut) findet sich eine eitrige blasenförmige Abhebung der Haut, bei einem P. subcutaneum (P. der Unterhaut) eine eitrige Einschmelzung des Unterhautgewebes. Der Patient verspürt einen pulsierenden Spontanschmerz, der Untersucher findet einen lokalen Druckschmerz und eine lokale Schwellung meist an der Streckseite des betroffenen Fingers. Steht das Panaritium subcutaneum mit der Haut in Verbindung, entsteht eine sanduhrförmige Gewebeeinschmelzung mit zwei Höhlen und man spricht von einem Kragenknopfpanaritium. Ein P. articulare (Gelenk-P.) entsteht bei Fortleitung der Entzündung in ein Gelenk. Diese verursacht eine schmerzhafte Gelenkschwellung mit Hautrötung, das betroffene Gelenk ist zug-, stauchungs- und bewegungsschmerzhaft. Von einem P. tendinosum spricht man bei Befall der Beugesehnen und Sehnenscheiden. Der betroffene Finger ist schmerzhaft angeschwollen und gerötet, seine Haut glänzend und gespannt. Der erkrankte und evtl. auch benachbarte Finger werden zur Entlastung in mittlerer Beugestellung gehalten, Bewegungen sind stark schmerzhaft eingeschränkt und es besteht eine Druckschmerzhaftigkeit über der gesamten betroffenen Sehne. Bei Beteiligung des Nagelbetts bzw. des gesamten Nagelwalls spricht man von einem P. subunguale bzw. periunguale. Es findet sich oft eine durch den Nagel durchschimmernde Eiterung mit stark klopfendem Schmerz, Druck auf den Fingernagel ist stark schmerzhaft. Die Eiterung kann auch vom Nagelfalz ausgehen, was zu einer einseitigen Auftreibung, Rötung und Druckschmerzhaftigkeit des betroffenen Endglieds führt. Man bezeichnet diese Form der Entzündung auch als Paronychie. Von einem P. periostale bzw. P. ossale spricht man bei Beteiligung der Knochenhaut bzw. des Knochens selbst. Oft zeigt sich eine typische kolbige Schwellung sowie ein gleichmäßiger zirkulärer Druckschmerz des betroffenen Fingerabschnitts.
Phlegmone
Darunter versteht man eine diffuse, flächenhaft fortschreitende Zellgewebsentzündung mit wässriger Aufquellung der Umgebung, die sich an der Hand entlang vorgegebener anatomischer Strukturen ausbreitet.
Eine phlegmonöse Entzündung kann sich zwischen der Haut und der fächerförmigen Bindegewebsplatte der Hohlhand (Palmaraponeurose), zwischen der Palmaraponeurose und den Beugesehnen oder aber zwischen den Beugesehnen und den Handbinnenmuskeln, also in unterschiedlicher Tiefe der Hohlhand abspielen. Des weiteren können der Daumen- oder Kleinfingerballen und die Räume zwischen den Fingern betroffen sein. Von einer V-Phlegmone spricht man bei Übergreifen einer Beugesehnenscheidenphlegmone des Daumens oder Kleinfingers auf die jeweils andere Seite. Die phlegmonöse Entzündung um die Daumenbeugesehne führt häufig zu einer akuten Druckschädigung des Mittelnerven im Handwurzelkanal. Heftige Nervenschmerzen sind die Folge. Auch am Handrücken und über den Strecksehnen der Finger kann sich eine phlegmonöse Entzündung ausbreiten.
Die Symptome sind bohrende oder pochende Schmerzen sowie Rötung, Schwellung und Überwärmung an der betroffenen Stelle. Dort besteht außerdem eine starke Druckschmerzhaftigkeit und eine oft erheblich eingeschränkte Funktion. Neben den beschriebenen lokalen finden sich bei phlegmonösen Entzündungen oft auch allgemeine Entzündungszeichen wie Fieber, Schüttelfrost und Abgeschlagenheit.
Bei allen Entzündungen an der Hand droht eine fortschreitende Eiterung in benachbarte Gewebeschichten, ein Übergreifen auf Sehnen, Gelenke und Knochen sowie ein Einbruch in die Hohlhand- und Unterarmräume. Im schlimmsten Fall kann es über die Lymphbahnen zu einer Keimverteilung in die Blutbahn und damit zu einer sog. Blutvergiftung mit lebensbedrohlichem Verlauf kommen.
Diagnostik
Da die oben beschriebene Symptomatik meist eindeutig ist, genügt in der Regel der Blick und die körperliche Untersuchung eines erfahrenen Arztes, um eine korrekte Diagnose zu stellen.
Zusätzlich sollten Röntgenbilder der betroffenen Region angefertigt werden, um eine Beteiligung des Knochens auszuschließen bzw. nachzuweisen. Außerdem können die Messung der Körpertemperatur, die Untersuchung der Entzündungszeichen im Blut sowie die Abnahme eines bakteriologischen Wundabstrichs zur Diagnosefindung beitragen.
Therapie
Wie bei jeder eitrigen Entzündung muss der Eiterherd frühzeitig und ausreichend eröffnet und entleert werden. Abgestorbenes Gewebe muss entfernt werden.
Bei einem P. cutaneum genügt unter Umständen eine Abtragung der Eiterblase mit Ausschluss in die Tiefe reichender Fistelgänge, bei einem P. subcutaneum ein seitliches Eröffnen des Herdes durch einen kurzen Hautschnitt, evtl. auch von der Gegenseite mit Durchzug einer Gummilasche.
Gegebenenfalls müssen aber größere Areale der Hand eröffnet werden, um ein vollständiges und ausreichendes Ablaufen des Eiters zu gewährleisten. Dazu ist eine Schmerzausschaltung mittels Plexus- oder Allgemeinnarkose sowie die Durchführung der Operation in Blutsperre notwendig. Bei der Schnittführung sind die handchirurgischen Richtlinien zu beachten.
Bei tieferreichenden Panaritien werden die infizierten Knochen-, Gelenk- und Gewebeanteile ausgeräumt, Ketten oder Schwämme mit antibiotisch wirksamen Substanzen und ggf. mehrere Drainagen für einen ungehinderten Sekretabfluss eingelegt.
Bei Beteiligung von Sehnenscheiden müssen diese ausreichend eröffnet und Drainagen eingelegt werden.
Bei phlegmonösen Entzündungen der Hohlhand ist diese ausreichend zu eröffnen und zu spülen. Abgestorbene und entzündete Gewebeanteile werden entfernt und Antibiotikaketten oder -schwämme eingelegt.
In den meisten Fällen kann die Operationswunde verschlossen werden. Bis zur Ausheilung ist eine Ruhigstellung der betroffenen Region durch einen Gipsverband erforderlich.
Oft sind Kontrollen und Verbandswechsel, unter Umständen tägliche Spülungen der Wunde und später auch krankengymnastische und/oder ergotherapeutische Behandlungsmaßnahmen zur Wiedererlangung der vollen Funktion der betroffenen Hand notwendig.
Durch eine frühzeitige, adäquate und konsequente Behandlung können so auch schwere Infektionen an der Hand folgenlos ausheilen.
Gelegentlich notwendige Zweiteingriffe, wie z.B. die Lösung von Sehnen, die als Folge der Entzündung in der Sehnenscheide oder mit der Umgebung verklebt sind, können in der Regel Dauerschäden vermeiden oder zumindest verringern.