Die Einengung des Ellennerven im Bereich des Ellenbogens zählt wie das Karpaltunnelsyndrom zu den peripheren Nerven-Kompressionssyndromen, ist jedoch weitaus seltener.
Der Ulnarisnerv (Ellennerv) ist einer der drei großen Nerven des Armes, neben dem Medianusnerv (Mittelnerv) und dem Radialisnerv (Speichennerv). Diese Nerven sind für die Beweglichkeit und die Gefühlsempfindung am Arm zuständig.
Der Ulnarisnerv vermittelt das Gefühl für die Ellenseite des vierten Fingers und den gesamten fünften Finger sowie für den ellenseitigen Handballen und Handrücken. Von der ungestörten Funktion des Nerven sind die Beugung der Finger in den Grundgelenken und die Streckung der Finger in den Mittel- und Endgelenken, sowie das An- und Abspreizen der Finger und das Heranführen des Daumens an die Hand abhängig.
Definition
Beim Sulcus-ulnaris-Syndrom wird der Ulnarisnerv in seinem Verlauf am inneren Rand des Ellenbogens gedrückt. Dies kann an drei verschiedenen Stellen in diesem Bereich geschehen.
Die erste mögliche Engstelle liegt etwa 6 cm vor dem Ellenbogen und kann durch einen kräftigen Bindegewebsstrang (sog. Struther-Arkade) ausgelöst werden, unter dem der Nerv durchläuft. Hier ist die Einengung selten.
Gelegentlich liegt die Einengung in seinem bogenförmigen Verlauf in einer Knochenrinne (sog. Sulcus ulnaris) um den inneren Oberarmhöcker herum. Diese Stelle wird im Volksmund als „Musikantenknochen“ oder „Mäuschen“ bezeichnet. Der durch das Anstoßen in dieser Region ausgelöste und in den Unterarm ausstrahlende Schmerz entsteht durch die Prellung des Nerven.
Die dritte und häufigste Einengung liegt am ellenbogennahen Unterarm, wo der Nerv in die Unterarmmuskulatur eintritt.
Ursachen
Die Einengung des Ulnarisnerven kann verschiedene Ursachen haben, die häufig in einer Veränderung des Ellenbogengelenkes bestehen.
Dies können Brüche im Bereich des Ellenbogens, Ausrenkungen des Gelenkes, Achsfehlstellungen, abnutzungsbedingte Veränderungen mit Kalkablagerungen im Bereich der Rinne und wiederholte Ausrenkungen des Nerven aus der Rinne sein. Auch Geschwülste, eine Ausstülpung der Gelenkkapsel (sog. Ganglion), freie Gelenkkörper oder Schwellungen des Gelenkes bei Rheuma können Ursachen für die Einengung sein. Auch langes Liegen auf der Innenseite des Ellenbogens, z. B. bei schweren Krankheiten, können zum Druckschaden des Nerven führen. Häufig bleibt die Ursache aber auch unklar.
Erscheinungsbild
Die Frühsymptome sind Kribbeln und Taubheit des IV. und V. Fingers und des ellenseitigen Handrückens, wobei am IV. Finger häufig nur die dem kleinen Finger zugewandte Seite betroffen ist.
Bei länger bestehender Einengung kommt es zu einer Lähmung der Handbinnenmuskulatur mit Schwäche der An- und Abspreizung der Finger, der Heranführung des Daumens an die Hand mit Schwäche des Spitzgriffes sowie einer Schwäche beim Faustschluss mit dem IV. und V. Finger.
Es können auch Schmerzen an der Innenseite des Ellenbogengelenkes bestehen, die in Richtung Hand und Schulter ausstrahlen.
Schreitet die Erkrankung fort, kommt es zu einer Verschmächtigung des Kleinfingerballens und der Muskulatur an der Mittelhand zwischen Daumen und Zeigefinger. Das Endstadium ist die sogenannte Krallenhand, die Streckung des IV. und V. Fingers ist nicht mehr vollständig möglich.
Diagnostik
Wenn die klinische Untersuchung den Verdacht auf ein Sulcus-ulnaris-Syndrom ergibt, ist eine Untersuchung beim Facharzt für Neurologie erforderlich. Dieser führt eine sogenannte elektrophysiologische Untersuchung durch, bei der die Leitgeschwindigkeit des Nerven im Vergleich mit der Gegenseite gemessen wird. Anhand der Messwerte und der nachgewiesenen Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit kann die Notwendigkeit zur Operation eingeschätzt werden. Eine Ultraschalluntersuchung des Nervenverlaufs (Nervensonographie) kann Hinweise auf die Lokalisation der Engstelle liefern.
Wenn bei dem Patienten eine Veränderung am betroffenen Ellenbogen vorliegt, ist auch eine Röntgenuntersuchung des Gelenkes erforderlich. Eine Kernspintomographie (MRT) ist in der Regel nicht notwendig.
Therapie
Eine konservative Therapie kann in frühen Fällen eine Linderung bewirken. Hierbei sollte eine starke Beugung des Ellenbogengelenkes vermieden werden. Besonders nachts kann das Ellbogengelenk durch eine Schiene in Streckstellung oder milder Beugung gehalten werden.
Die Operation erfolgt wahlweise in Teil- oder in Vollnarkose.
Bei der endoskopischen Methode führen wir einen ca. 2cm langen Schnitt über dem Sulkus durch. Anschließend wird unter der Haut der Nerv langstreckig endoskopisch entlastet. Meist berichten die Patienten über eine rasche Erholung. Nach der Operation ist ein polsternder Verband ausreichend.
Bei der offenen Operation wird an der Innenseite des Ellenbogengelenkes ein bis zu 10 cm langer Schnitt angelegt. Der Nerv wird auf Einschnürungen untersucht und gegebenenfalls daraus befreit. Wenn der Nerv beim Bewegen des Ellbogengelenkes keine Tendenz hat aus seiner Rinne herauszugleiten, kann er in seiner natürlichen Lage belassen werden. Anderenfalls muss er langstreckig in die Ellenbeuge verlagert werden. Nach Verschluss der Wunde erfolgt die Anlage eines polsternden Verbandes. Abhängig vom intraoperativen Vorgehen kann die Anlage einer Oberarmgipsschale erforderlich werden. Diese verbleibt für insgesamt zwei Wochen. Die Fäden können nach zwei Wochen ebenfalls entfernt werden. Anschließend muss darauf geachtet werden, dass die Beweglichkeit des Ellenbogengelenkes schnell wieder uneingeschränkt möglich ist. Die Erholung des Nerven kann bei leichten Druckschädigungen rasch erfolgen, innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen. Sie kann bei ausgeprägten Schädigungen bis zu einem Jahr dauern und letztlich unvollständig bleiben.